Meine Plenarrede vom 27. April 2023 zur Politik im Nahen und Mittleren Osten und Nordafrika

„Partnerschaft auf Augenhöhe heißt auch, dass wir Missstände ansprechen und uns für die Schwächsten einsetzen.“

Seit nun fast einem Jahr werden in Ägypten und Tunesien zutiefst rassistische Narrative gegen Menschen aus Subsahara-Afrika produziert. Die „Theorie der großen Ersetzung“ vom tunesischen Präsidenten Kaïs Saïed, führt zu Hass und Gewalt.

In meiner Rede vom 27. April 2023 habe ich klar gemacht, dass ich nach meinen jüngsten Reisen nach Tunesien und Libyen, darin übereinstimme, dass Deutschland in der Region Verantwortung übernehmen muss:

Auszug aus dem Plenarprotokoll 20/100:

Liebe Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren!

„Hetze gegen Migranten aus SubsaharaAfrika“, „Migrant:innen in Tunesien: Ohne Perspektive“, „Migranten fliehen aus der Hauptstadt nach Hasskampagne“: Das sind nur einige von vielen bedrückenden Nachrichten, die uns dieser Tage aus Tunesien erreichen. Es ist daher richtig, dass wir heute über die deutsche Politik im Nahen und Mittleren Osten und in Nordafrika debattieren.
Tunesien befindet sich in einer Krise. Die alte Verfassung wurde aufgelöst, viele Oppositionspolitikerinnen und -politiker verhaftet. Das Land wird zunehmend autokratischer. Seit nun fast einem Jahr werden zudem in Ägypten und Tunesien zutiefst rassistische Narrative gegen Menschen aus Subsahara-Afrika produziert. Die Theorie des „großen Austauschs“ des tunesischen Präsidenten Kais Saied führt zu Hass und Gewalt. Die Gefahr besteht, dass diese Ereignisse auch auf andere Länder in der Region überschwappen. Sehr kritisch sehe ich auch die Beteiligung von Saudi-Arabien und der Vereinigten Arabischen Emirate an dieser Polarisierung.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Union,
nach meiner jüngsten Reise nach Tunesien und Libyen stimme ich Ihnen zu: Deutschland muss in der Region Verantwortung übernehmen. Allerdings gehen unsere Meinungen auseinander, wie genau dies aussehen soll. Sie fordern, Deutschland solle eine Strategie entwickeln, die die Interessen in der Region klar benennt. Außerdem solle eine europäische Strategie für den Nahen und Mittleren Osten erarbeitet werden. Ich sage: Die Zeit können wir auch besser nutzen.

(Dr. Katja Leikert [CDU/CSU]: Bitte?)

– Sie fragen sich, wie. Indem wir unsere bestehenden zivilgesellschaftlichen Netzwerke, Jugend- und Frauenbewegungen vor Ort unterstützen, indem wir die Länder bei der Migrationskontrolle nicht im Stich lassen und indem wir unsere gute Entwicklungsarbeit fortführen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Deutschland ist seit Jahrzehnten ein verlässlicher Partner in der Region und fördert unter anderem Ausbildung und berufliche Bildung, junge Unternehmensgründungen, nachhaltiges Wirtschaftswachstum, Umweltschutz und Wasserversorgung.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Union,
Sie sagen, wir sollten Energiepartnerschaften mit Katar oder den Vereinten Arabischen Emiraten ausbauen. Gleichzeitig prangern Sie die Menschenrechtslage in diesen Ländern an. Das zeugt für mich von Doppelmoral.

(Beifall der Abg. Kathrin Vogler [DIE LINKE])

Partnerschaft auf Augenhöhe heißt auch, dass wir Missstände ansprechen und uns für die Schwächsten einsetzen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Tobias B. Bacherle [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] – Zuruf des Abg. Dr. Johann David Wadephul [CDU/CSU])

Dazu gehört, dass wir bei der Initiative Global Gateway nicht nur Geldgeber sind, um China und Russland etwas entgegenzusetzen, so wie Sie es in Ihrem Antrag fordern. Es geht vielmehr um das Wie der Zusammenarbeit, nämlich darum, Leuchtturmprojekte zu fördern, so wie es sich die Bundesregierung auf die Fahne geschrieben hat, damit wir nachhaltigen Wandel erzeugen können, damit wir Migrantinnen und Migranten besser schützen können, damit sich die schlimmsten Pressemeldungen aus Tunesien und anderen Ländern nicht weiter häufen. Lassen Sie uns daran arbeiten.

Danke schön.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)