Meine Rede in der Deutsch-Französischen Parlamentarischen Versammlung (DFPV) zum Thema künstliche Intelligenz

Redebeitrag während der 5. Sitzung der Deutsch-Französischen Parlamentarischen Versammlung

5. Sitzung der Deutsch-Französischen Parlamentarischen Versammlung (Link zur Aufzeichnung der Videokonferenz)

Heute habe ich meine erste Rede in der Deutsch-Französischen Parlamentarischen Versammlung (DFPV) gehalten. Es ging um Künstliche Intelligenz (KI) und die Zusammenarbeit zwischen Frankreich und Deutschland.

Mein Redebeitrag kann in folgendem Video ab der Zeitmarke 03:23:00 angesehen werden.

 


Oder aber hier nachgelesen werden:

„Meine sehr verehrten Damen und Herren,

ich möchte Euch kurz einen Dialog vorstellen:

„Wie geht es Ihnen?“
„Ich fühle mich in letzter Zeit schlecht.“
„Können Sie sagen, was Ihren Zustand verschlechtert hat?“
„Ich weiß nicht … Na ja, ich hatte einen Nervenzusammenbruch…“
„Das tut mir leid.“
„Was soll’s … Ich glaube, es liegt an mir …“
„Würden Sie gerne daran glauben?“
„Sie denken, das stimmt nicht?“
„Keine leichte Frage.“
„Ich sage Ihnen was: Mein Vater ist schuld!“
„Mag Ihr Vater Sie und umgekehrt?“
„Keine Ahnung … Ist mir egal …“

 

Meine Kolleginnen und Kollegen,

Ihnen wird aufgefallen sein, dass das kein normaler Dialog ist.
Das ist ein Dialog zwischen einem Menschen und einem Computerprogramm namens Eliza.
Eliza wurde vor über 50 Jahren entwickelt und sie ist
die Mutter aller Chatbots.
Der Forscher Joseph Weizenbaum hat sie erschaffen.
Viele Testpersonen sagten am Ende des Gesprächs: Sie fühlten sich verstanden und erzählten Eliza intimste Details.
Technologisch gesehen, liegen Welten zwischen 1966 und heute.
Aufbauend darauf haben wir Forderungen formuliert an unsere beiden Regierungen:
ERSTENS: Wir wollen die Kooperationen im Bereich der Künstlichen Intelligenz ausbauen und starke Forschungsstandorte aufbauen. Diese müssten dann stärker miteinander vernetzt werden.
ZWEITENS: Die Förderung von künstlicher Intelligenz muss zudem in der Breite des Hochschul- und Wissenschaftssystems in Forschung, Anwendung und Lehre sichergestellt werden
DRITTENS: Die Auswirkungen von Innovationen auf Mensch und Umwelt wollen wir immer im Rahmen eines regelmäßigen Ethik-Dialogs diskutieren.
Dieser letzte Punkt ist mir ganz wichtig.
Denn klar muss es sein:
Nicht weil wir alles können, müssen wir auch alles machen.
Unsere Werte sollten die Grenzen der Umsetzung von Forschungsergebnissen bestimmen, nicht unser Appetit nach etwas Neuem.

Meine Kolleginnen und Kollegen,

Joseph Weizenbaum, der Gründer von Eliza, wunderte sich 1966, als er hörte: Mit Eliza könnten hundert Patienten in einer Stunde betreut werden. Das schlugen nämlich einige vor.
Weizenbaum war entsetzt über diese Maschinengläubigkeit: „Ich bin kein Computerkritiker, denn Computer können mit Kritik nichts anfangen. Ich bin Gesellschaftskritiker“, sagte er.
Ich sehe es ähnlich. Fortschritt ist wichtig für unsere Länder, für unsere Zeit. Doch wir müssen immer schauen, was Fortschritt bedeutet und wer daran teilnehmen kann.
Insofern bin ich auch kein „Computerkritiker“ oder „KI-Kritiker“, sondern nur ein Gesellschaftskritiker.
Lasst uns mehr miteinander sprechen, uns mehr miteinander vernetzen, damit KI und Disruptive Innovationen für unsere beiden Länder, für Europa und die Welt ein Erfolg werden.“