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Rede zum Antrag der Grünen „Vielfalt stärkt Wissenschaft – Studienchancen für Flüchtlinge schaffen“

Sehr verehrte/r Herr Präsident/Frau Präsidentin, liebe Gäste, liebe Kolleginnen und Kollegen,

es muss ein Ruck durch unsere Bildungslandschaft gehen. Die Integration der Asylsuchenden ist eine historische Aufgabe! Jeder dritte ist im schulpflichtigen Alter. Jeder zehnte unter sechs Jahren – also im Krippen- und Kitaalter. Hinzu kommen tausende junger Menschen, die eine Ausbildung brauchen oder studieren könnten. Für diese Aufgabe müssen wir unser Bildungssystem fit machen. Gleichzeitig aber haben wir einen Flickenteppich in der Bildungslandschaft. Jedes Bundesland, jede Hochschule geht anders mit der Integration der Asylsuchenden ins Bildungs- und Wissenschaftssystem um.

Die SPD-Bundestagsfraktion fordert deshalb eine „Nationale Bildungsallianz“. Angesicht der großen Herausforderungen wird deutlich: Wir müssen über neue Formen der Zusammenarbeit auch im schulischen und frühkindlichen Bereich nachdenken. Liebe Kolleginnen und Kollegen, für den Bildungsbereich gilt: Wir brauchen einen umfassenden und ganzheitlichen Ansatz – von der Krippe über die Hochschule bis hin zur Weiterbildung. Die einzelnen „Bausteine“ müssen gut miteinander verknüpft werden.

Denn die Herausforderungen im Bildungs- und Wissenschaftsbereich können nur gemeinsam bewältigt werden. Um es mit den Worten unser Kanzlerin zu sagen: Wir brauchen hier pragmatische Lösungen. Dafür muss der Bund die Länder und Kommunen tatkräftig unterstützen dürfen. Und zwar dauerhaft. Denn die Integration Eingewanderter ist auch eine Daueraufgabe. Wo sollte der Bund tätig werden? Erstens: bei den Hochschulen. Liebe Kolleginnen und Kollegen von Grünen, hier sind wir ganz bei Ihnen. Wir sind uns einig: Vielfalt ist eine Chance! Besonders auch für unser Bildungssystem. Denn Bildung und Wissenschaft brauchen den Austausch über Landesgrenzen hinweg. Nur ein internationales Bildungssystem ist modern, innovativ und dynamisch.

Unsere Hochschulen und Forschungseinrichtungen sind bereits heute Zentren der Internationalität. Und sie stehen seit langem für eine gelebte Willkommenskultur. Viele Hochschulen nehmen angesichts der aktuellen Flüchtlingskrise eine Vorbildfunktion ein. Und viele Studierende engagieren sich zudem ehrenamtlich z.B. in der Rechtsberatung. Ganz konkret: In einem Projekt an meiner Alma Mater, der Martin-Luther-Universität in Halle, engagieren sich Studierende im „Praxisprojekt Migrationsrecht“. Die Studierenden bearbeiten reale Fälle von Asylsuchenden in Zusammenarbeit mit dem Landesnetzwerk der Migrantenorganisationen und der Migrantenberatung des Paritätischen Wohlfahrverbandes Sachsen-Anhalt. Das ist nur eines von unzähligen Beispielen für das Engagement an Hochschulen für Geflüchtete. Hier treffen Engagement für Asylsuchende und Hochschule aufeinander.

Wichtig ist auch: Der Bund wird die Hochschulen bei der Sprachförderung, der Studienberatung und der Feststellung der Zugangsberechtigungen unterstützen. Hier bauen wir auf das Know-how des DAAD, der HumboldtStiftung und der politischen Stiftungen. Die Verhandlungen mit den Organisationen laufen bereits. Und so stelle ich als Bildungspolitiker mir die Unterstützung durch den Bund vor. Ein zweiter Punkt betrifft das pädagogische Personal an den Einrichtungen: Wir brauchen mehr Erzieher an Kitas und Lehrende an Schulen und Hochschulen. Allein in diesem Schuljahr wurden laut KMK ca. 3000 zusätzliche Lehrkräfte eingestellt. Der Gesamtbedarf beläuft sich nach Schätzungen auf 10.000 bis 20.000 Lehrkräfte. Hier ist eine Zusammenarbeit von Bund und Ländern nötig. Nicht vergessen werden darf drittens: In die Bildungseinrichtungen kommen viele traumatisierte Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene. Sie haben in Kriegen oder auf der Flucht großes Leid ertragen müssen. Da kann man nicht einfach zur Tagesordnung übergehen. Der Bedarf an sozialpädagogischer und psychologischer Unterstützung ist stark gestiegen. Auch hier muss der Bund tätig werden: Wir brauchen zusätzliche Schulsozialarbeiter und Psychologen für Kitas, Schulen und Hochschulen. Und viertens: Ganztagsschulen. Eine ganzheitliche Bildung ist die Voraussetzung, um später einen Beruf erlernen oder studieren zu können. Ganztagsschulen bieten dafür sehr gute Rahmenbedingungen. Dort können Kinder und Jugendliche besser sprachlich gefördert werden. Und sie haben gute Möglichkeiten, Interessen zu entwickeln und Talente auszubauen. Sie können sich ausprobieren. Beim ersten Ganztagsschulprogramm haben wir gesehen: Es geht! So kann Zusammenarbeit funktionieren. Und deshalb sagen wir: Ein zweites Programm zum Ausbau der Ganztagsschulen ist notwendig. Liebe Kolleginnen und Kollegen, Integration durch Bildung kann gelingen.

Deshalb begrüßt die SPD-Bundestagsfraktion die Richtung des Antrags. Wir brauchen aber einen ganzheitlichen Bildungsansatz, der den gesamten Bildungsbereich umfasst. Für die SPD-Bundestagsfraktion steht fest: Bund, Länder und Kommunen müssen dafür stärker zusammenarbeiten. Vielen Dank!