Rede zum, von der Bundesregierung eingebrachten, Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Berufsqualifikationsfeststellungsgesetzes

Sehr verehrter Herr Präsident, Liebe Kolleginnen und Kollegen, Meine sehr verehrten Damen und Herren,

Die Tür steht dir offen, du bist willkommen, du wirst gebraucht, und du kannst dich mit all deinen Fähigkeiten hier entfalten.

Das ist die Botschaft, die vom Anerkennungsgesetz ausgeht.

Das ist eine gute Willkommensbotschaft.

Mit diesem Versprechen beendete ich meine Rede in der Debatte im Herbst 2014.

Nun sind wir einige Schritte weiter: Heute beraten wir in erster Lesung die Novelle des Anerkennungsgesetzes und uns liegt ein ganz aktueller Evaluationsbericht vor.

Ich möchte auf 2 Gesichtspunkte eingehen: zum einen die Erfolge benennen und zum Zweiten die Haltung der SPD für die Weiterentwicklung klar machen.

Wir sind mit dem Anerkennungsgesetz auf einem guten Weg!

Ich mache das an folgenden  Facetten fest:

–        Es besteht Rechtsanspruch auf Antragstellung unabhängig vom Aufenthaltstitel oder von der Staatsbürgerschaft

–        die durchschnittliche Bearbeitungszeit liegt bei 59 Tage. Ich meine, eine hervorragende Voraussetzung, damit das Gesetz seine volle Wirkung entfalten kann!

–        es bietet die Möglichkeit der Antragstellung vom Ausland  aus oder zwecks Anerkennung nach Deutschland einzureisen. Und das ist neu!

–        Auch für Menschen ohne Zertifikate ist es möglich, beispielsweise mit den Kompetenzfeststellungsverfahren ihre Qualifikation anerkennen zu lassen.

Als SPD-Fraktion sagen wir aber deutlich, dass wir mehr Begleitmusik zum Anerkennungsgesetz brauchen!

Das Anerkennungsgesetz ist im Jahr 2012  in Kraft getreten. Wir haben es  mit einem jungen Gesetz zu tun.

Damals ging die Bundesregierung davon aus, dass bis zu 500.000 Erwerbsfähige Personen in Deutschland durch das Gesetz erreicht werden.

Seither wissen wir von 26.000 Anträgen im Bund. Das sind gerade einmal 5%  des Gesamtpotenzials! Übrigens sind die seither neu Eingewanderten und hierher Geflüchteten dabei nicht mit eingerechnet.

Ich bin der Meinung: Trotz aller bereits laufenden Werbe- und Informationsportale, brauchen wir noch mehr Engagement! Damit die Botschaft vom Anerkennungsgesetz dort ankommt,  wo sie gehört werden soll, nämlich bei den vielen Menschen mit ausländischen Qualifikationen und bei den ArbeitgeberInnen, die nach Fachkräften suchen. Auch in meiner Region, in Halle an der Saale, suchen die ArbeitgeberInnen nach Fachkräften.

Unser Ziel muss sein: Dass jeder Mensch entsprechend seiner und ihrer Qualifikation arbeiten kann. Daher dürfen wir uns mit diesen Antragszahlen nicht zufrieden geben!

Hier stellt sich meine Fraktion beispielsweise einen Rechtsanspruch auf unabhängige Beratung vor. So wie er in einigen Landesanerkennungsgesetzes bereits verankert ist. Aus Hamburg und Sachsen-Anhalt weiß ich: sie machen mit dem Rechtsanspruch auf unabhängigen Beratung positive Erfahrungen!

Nun komme ich zum zweiten Bereich.

Die Frage der Finanzierungsangebote für die AntragstellerInnen treibt uns SozialdemokratInnen um. Dies betrifft die Höhe der Verfahrenskosten und die Finanzierung von Anpassungsmaßnahmen, sowie des Lebensunterhaltes.

Im aktuellen Evaluationsbericht heißt es, und hier bitte ich unseren Koalitionspartner genau zuzuhören. Ich zitiere „Nicht selten können nach einer Kosten-Nutzen-Abwägung auch die Kosten für die Durchführung eines Anerkennungsverfahrens Interessierte davon abhalten eine Anerkennung zu beantragen. Dies dürfte insbesondere für Personen gelten, die mit weniger eindeutigen Bildungsrenditen rechnen als zum Beispiel Ärzte.“

Für meine Fraktion gilt: keine Person darf aus Angst vor den Kosten des Anerkennungsverfahrens zurückweichen.

Gleichzeitig wissen wir, dass vom neuen ESF-Förderprogramm der Arbeitsministerin Andrea Nahles 9.000 Personen profitieren können. Ich rufe nochmal die Zahlen in Erinnerung: Von bis zu 500.000 haben bislang nur 26.000 ein Anerkennungsverfahren durchlaufen. Das ist zu wenig!

Daher sehe ich hier das Bildungsministerium in Verantwortung.

Sehr geehrte Frau Ministerin Wanka, es reicht nicht abzuwarten und sich die Frage zu stellen, ob es überhaupt Bedarf gibt.

Es gibt den Bedarf, da sprechen die blanken Zahlen ihre eigene Sprache!

Wir, als SPD-Fraktion, wollen ein bedarfsorientiertes Einstiegs-Darlehen zur Finanzierung des Lebensunterhaltes und der Nachqualifizierungen.

Dieses Darlehens-Programm soll die Regelungslücke schließen, für diejenigen die nicht vom ESF-Programm profitieren und diejenigen, die nicht im SGB II oder III Bezug stehen.

Die Finanzierungsfrage berührt für uns die soziale Gerechtigkeit!

Das Anerkennungsverfahren darf nicht vom Geldbeutel der Antragsteller abhängen.

Zudem bin ich  fest davon überzeugt, dass es im Sinne der Bekämpfung des Fachkräftemangels volkswirtschaftlich vernünftig ist, hier ein Darlehens-Programm aufzulegen!

Nun komme ich zum dritten und letzten Aspekt: Bei einem vorausgesagten  Bedarf an Einwanderung aus Drittstaaten von ca. 500.000 Personen jährlich, wissen wir, dass über die Blue Card nur ca. 25.000 seit dem Jahr 2012 zu uns gekommen sind. Das ist viel zu wenig! Daher muss auch das Anerkennungsgesetz einen Beitrag zur Linderung des Fachkräftebedarfs leisten. Mit insgesamt etwa 600 Anträgen aus Drittstaaten ist da noch viel Luft nach oben!

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

Wir sind auf einem guten Weg.

Für die SPD Fraktion kann ich sagen:  das Anerkennungsgesetz ist gut, aber wir wollen mehr!

Vielen Dank.